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Die Geschichte von der Basic, die keiner wollte

Auf besonderen Wunsch eines einzelnen Herrn aus dem schönen Meck-Pomm hier eine Geschichte:

Es war einmal eine kleine R 80 GS Basic, die wollte keiner haben. Traurig stand sie tagein tagaus im Ausstellungsraum eines bekannten Motorradhändlers in Froschhausen. Die Leute kamen und kaufen neue 1100er BMWs, gerne auch mal ne F 650 GS oder sogar ne Yamaha, aber so einen Zweiventiler mit Uralt-Technik? Nee, da winkten alle ab.

Am Anfang schaute die Basic noch erwartungsvoll aus ihrem großen runden Scheinwerfer, wenn ein neuer Kunde in den Laden kam. Aber keiner riskierte auch nur einen Blick in ihre Richtung. Nach einigen Monaten hatte sie sich an ihr Schicksal gewöhnt und stand einfach nur noch rum. Die Mitarbeiter nannten sie abfällig „unser Ladenhüter“ und selbst ihr schöner alpinweißer Lack wurde stumpf und staubig.

Im Frühling 1999 brauchte der Motorradhändler den Platz im Ausstellungsraum für die vielen neuen Motorräder, die er bei BMW und Yamaha bestellt hatte. Also weg mit dem Ladenhüter, erstmal in die Werkstatt. Nur wenn mal ein Kunde in den Laden kam, der ein Ersatzteil für einen Zweiventilboxer brauchte, erinnerten sich die Mitarbeiter an die Basic. Im Laufe des Sommers verlor sie so ihren Tank, den linken Spiegel und diverse andere Teile. Sie fühlte sich nackt und hässlich und verkroch sich immer tiefer in ihre Ecke.

Dann kam der 11. September 1999 und alle BMW-Händler in Hessen feierten die nagelneue R 1150 GS. Der Laden war voller Menschen, aber die Basic interessierte das alles schon lange nicht mehr. Ungeliebt fristete sie auch diesen Samstag in der hintersten Ecke der Werkstatt und hatte die Hoffnung aufgegeben, jemals wieder im Ganzen das Tageslicht zu erblicken.

Sie hatte ja eh nichts Besseres zu tun, also beobachtete sie den Motorradverkäufer, der an diesem Tag mehrmals mit verschiedenen Menschen in den Besprechungsraum kam, der direkt an die Werkstatt grenzte. Dort wurden die Verträge für Neumotorräder unterschrieben, das wusste sie. Gelangweilt hörte sie zu, alles war ganz normal.

Bis der Verkäufer den Raum wieder betrat, diesmal in Begleitung einer Frau, die eine F 650 GS kaufen wollte. Im Gegensatz zu den vorherigen Kunden war diese Frau aber gar nicht begeistert von dem Einzylinder. Sie hatte wohl nur eins im Sinn: ihre 500er MZ Silver Star loszuwerden. Aber bisher hatte kein Händler diese MZ in Zahlung nehmen wollen. Das kannte unsere Basic nur zu gut, sie fühlte sich gleich verbunden mit der unbekannten MZ und lauschte gespannt.

Der Verkäufer war bereit, die MZ in Zahlung zu nehmen – unter der Bedingung, dass die Frau im Gegenzug ein neues Moped kaufte. Scheinbar war ihr Leidensdruck so groß, die MZ loszuwerden, dass die Frau zustimmte, eine F 650 GS zu kaufen, obwohl sie viel lieber einen Boxer gehabt hätte. Am liebsten einen Zweiventilboxer.

Hey, kauf mich, hier bin ich doch – der einzige Zweiventilboxer in diesem ganzen Laden, schrie die Basic in Gedanken und wünschte sich mehr denn je, die Menschensprache sprechen zu können. Konnte sie aber nicht. Trotzdem – oh Wunder – schaute die Frau in ihre Richtung. Die Basic schämte sich, nackt und dreckig, wie sie da stand. Andererseits keimte zum ersten Mal seit über einem Jahr wieder so etwas wie Hoffnung in ihr auf.

Und richtig, was hörte sie da? „Vergessen Sie die F 650“, sagte die Frau zum Verkäufer. „Ich nehme die Weiß-Blaue da in der Werkstatt – wenn es eine echte Basic ist und wenn sie zum Verkauf steht.“

Die Basic traute ihren nicht vorhandenen Ohren kaum. Konnte das wirklich wahr sein? Aber tatsächlich, die beiden kamen in die Werkstatt und der Verkäufer zerrte die Basic aus ihrer Ecke. „Ja, genau so eine wollte ich immer haben“, sagte die Frau glücklich. „Ich bin den ganzen Tag von BMW-Händler zu BMW-Händler gefahren, nur einmal habe ich eine Basic gesehen und die stand nicht zum Verkauf. Die hier nehme ich.“ Für die Frau war es auch kein Problem, dass der Tank fehlte, sie wollte sowieso den großen Paris-Dakar-Tank haben.

Die folgenden Tage waren für die Basic ein einziger Traum. Sie wurde geputzt, durchgecheckt, bekam alle fehlenden Ersatzteile wieder. Als der große Tank auf den Rahmen gesetzt wurde und sie glänzend wieder im Verkaufsraum stand, fühlte sie sich zum ersten Mal seit Jahren wieder richtig schön. Noch immer schaute sie keiner an, aber das war ihr egal, sie hatte sowieso ein großes „Verkauft“ am Wildschild kleben.

Endlich war wieder Samstag und ihre neue Besitzerin kam zur Tür herein, strich der Basic über den Tank und sagte zu ihr: „Hallo, meine Schöne. Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe. Ab heute werden wir beide zusammen die Welt entdecken – dich lass ich nie mehr gehen.“

Und so erleben die beiden seitdem viele Abenteuer. Schöne, einzigartige, aber auch solche, bei denen sich beide Schrammen und Blessuren einhandeln. Und da sie nicht gestorben sind, werden sie auch weiterhin zusammen auf den Straßen dieser Welt unterwegs sein.

8 Gedanken zu „Die Geschichte von der Basic, die keiner wollte“

  1. Liest sich schön… damit sollte man Geld verdienen können liebe Birgit…

    Du musst Sie dies BASIC schon innig lieben.. ich gönne es DIR.. Gruss Jürgen K.

  2. snief…..alte Mopeds haben eine Seele. Manchmal erkennt das dann sogar ein Mensch. Motorräder sind gute Geschichtenerzähler, man muss ihnen nur zuhören können. Wenn du ihre Vergaser öffnest und die Ablagerungen von dreckigem Benzin aus fernen Ländern ein Lächeln in dein Gesicht zaubern. Wenn roter Sand in versteckten Ecken sich seit tausenden von Kilometern vor dem Dampfstrahler erfolgreich verstecken konnte. Wenn der Rahmen oberhalb der Fussrasten schon ewig keinen Lack mehr trägt weil er durch die Stiefel wegpoliert wurde. . . . Motorräder erzählen Geschichten….man muss ihnen nur zuhören können. Liebe Grüsse, Martin

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