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Drei Länder Fronleichnam 2015

Vier Tage, drei Länder und zweimal Bayern

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Drei Länder? Okay, mit Bayern wären es eigentlich vier. Oder dreieinhalb, weil es formell ja doch zu Deutschland gehört? Keine Ahnung, deswegen stellen wir diese Diskussion mal zurück und berichten einfach von unserer Fronleichnamstour. Wir haben das Paradies der radelnden Rentner entdeckt, den wunderschönen Sumava-Nationalpark erfahren, Schmetterlinge fotografiert und noch einiges mehr.

Geplant war der Termin bei Matthias schon lange, zumal der sehr idyllisch im schönen Bäderdreieck westlich von Passau wohnt und man dort das Geschäftliche wunderbar mit einer netten Tour verbinden kann. Eigentlich wollten wir Ostern hin, was buchstäblich ins Wasser bzw. den Schnee gefallen ist. Himmelfahrt gleiches Spiel, nur ohne den Schnee. Pfingsten ging auch nicht, also jetzt am letzten langen Wochenende 2015 ein neuer Anlauf. Und diesmal klappt’s.

Donnerstag: Anreise ins bayerische „Ausland“

Wir starten bei strahlendem Sonnenschein und rund 25 Grad gen Osten. Bis Bad Füssing sind es knappe 400 km, deswegen machen wir erstmal ein bisschen Strecke über die Bundesstraße – schöne Touren „ums Haus rum“ können wir ja immer fahren. Östlich von Ingolstadt wird’s interessant: Wir sind in der Hallertau, die wir nun auf kleineren, sanft kurvigen Sträßchen von Nordwest nach Südost durchqueren. Überall die typischen Hopfenfelder am Rand idyllischer Dörfer, aber kaum ein Mensch zu sehen und die Biergärten sind auch alle geschlossen. Dafür sind viele Orte für die heutigen Prozessionen geschmückt. Feiertag eben – wir sind unverkennbar im katholischen Bayern. Dann genießen wir statt leckerem Essen eben die schöne Landschaft. Auch gut.

Südlich von Landshut gibt es keinen Hopfen mehr, weder auf dem Feld noch in flüssiger Form, denn immer noch haben die Gaststätten und Biergärten zu. Mittlerweile ist es richtig warm und mir ist nach Pause, also bitte ich Ralf, einfach irgendwo in den Wald zu fahren, auch wenn wir nix als Wasser dabei haben. Gesagt, getan, eine Minute später biegt er ab, hält aber komischerweise nicht an. Also Spaßmodus an – ein Verbotsschild habe ich nicht gesehen. Hier ist es kühl und der Waldweg schön zu fahren. Kurz vor Ende des Waldstücks halte ich doch an. Ralf erzählt, dass die nette Offroad-Einlage eine Idee vom TomTom war, der steif und fest behauptet, wir befinden uns gerade auf der Staatsstraße 2112. Naja, er wird’s wissen – schön war’s allemal.

Pause, Wasser und dann weiter durchs hügelige Niederbayern. Es sind nur noch 60 km bis Bad Füssing, jetzt halten wir auch nicht mehr an. Gegen halb sieben kommen wir in der Kurstadt an und beziehen stilecht unser Zimmer in der „Kurpension Gundula“. Duschen, umziehen und ab in den – jetzt geöffneten – Biergarten, wo wir den Altersschnitt ganz erheblich senken. Familien oder jüngere Leute? Fehlanzeige, hier sitzen echt nur Rentner, die meistens Fahrräder dabei haben. Dafür ist das Essen lecker.

 Freitag: Radelnde Rentner und ein schmerzender Zeh

Der Freitag ist ein teilweise ungeplant mopedloser Tag. Bei mir steht der Termin mit Matthias auf dem Programm, aber Ralf wollte eigentlich ein bisschen die Gegend erkunden. Daraus wird aber nichts, denn er kann kaum auftreten, weil sein Zeh tierisch weh tut. Ich muss trotzdem lachen, als er meint, dass es ja wohl keine Schwierigkeit sein dürfte, in diesem Rentnerparadies einen Arzt zu finden. Denn auch in der Kurpension Gundula wohnen ausschließlich ältere Menschen, die sich nach dem Frühstück mehr oder weniger motiviert auf ihre (Miet-)Räder schwingen. Und natürlich hat Ralf Recht, gleich ein paar Häuser weiter ist der nächste Arzt.

Während ich also einen überaus informativen Tag mit Matthias verbringe, arbeitet Ralf daran, seine Schmerzen loszuwerden. Funktioniert zum Glück ganz gut: Als wir ihn abends zum Essen abholen, kann er schon wieder laufen. Matthias führt uns in ein schönes Steakhaus direkt an einem kleinen Bach und klärt auch die Sache mit den radelnden Rentnern auf. Die beiden anderen Städte im Bäderdreieck, Bad Birnbach und Bad Griesbach, sind eher hügelig, Bad Füssing dagegen topfeben und deswegen speziell bei älteren Radfahrern sehr beliebt. Es gibt drei Thermen, viele Radwege und noch mehr Natur. Die meisten Leute kommen wohl in unserem Alter das erste Mal, werden dann zu Stammgästen und ziehen im Alter ganz hierher.

Samstag: Übers Mühlviertel und den Sumava-Nationalpark nach Lam

Nach dem Frühstück überlegen wir, wie wir jetzt weiterfahren. Wir haben für die Heimfahrt noch zwei Tage, also genügend Zeit, einen netten Schlenker zu machen. Die Österreich-Bodensee-Route sind wir schon oft gefahren, Südbayern scheidet wegen G7 aus. Also entweder noch weiter südlich, Schweiz und Bodensee oder übers Mühlviertel und Tschechien in den Bayerischen Wald und von dort morgen nach Hause.  Das ist es, wir sind uns sofort einig.

Also ab ins Mühlviertel, wo es so lustige Ortsnamen gibt wie „Hühnergeschrei“. Wir durchfahren das ganze Minidorf, sehen aber kein einziges Huhn. Naja, dann muss Ralf eben als Ersatz aufs Foto. Er trägt’s mit Fassung. Unser Weg führt uns nach Südosten Richtung Moldau-Stausee. Die Grenze ist kaum als solche zu erkennen, deswegen hält Ralf ein paar Meter später an, um zu fragen, ob sie das tatsächlich schon war. Das gibt mir Gelegenheit, auf ein Schild hinzuweisen, das ich eben gesehen habe, und so parken die Mopeds ein paar Minuten später vor dem Mahnmal „Eiserner Vorhang“ in Guglwald. Ein Stück Stacheldrahtzaun und einige Schautafeln erinnern an das harte Leben der Menschen an der „toten“ Grenze. Das ist zum Glück Vergangenheit – ein paar Kilometer weiter am Moldaustausee stehen genauso viele österreichische und deutsche wie tschechische Autos. Kein Wunder, die riesige Talsperre hat alles, was ein perfektes Naherholungsgebiet ausmacht.

Wir nutzen unsere Erholungsphase für einen leckeren Salat, dann geht’s wieder Richtung Norden, aber alles andere als geradeaus. Im Gegenteil: Im Sumava-Nationalpark gibt es so viele nette kleine Sträßchen, dass wir kreuz und quer fahren, überall wieder schöne Abzweige finden und irgendwann beschließen, dass wir hier nochmal für länger hin wollen. In Bayerisch Eisenstein fahren wir wieder rüber nach Bayern – hier gibt es tatsächlich einen richtigen Grenzposten, der die Autos kontrolliert, die Motorräder aber durchwinkt. Scheinbar glaubt niemand daran, dass die erwarteten G7-Störer auf zwei Rädern anreisen. Uns soll’s Recht sein, wir müssen noch ein kurzes Stück nach Norden.

Über die bekannte Kurvenstrecke am Großen Arber entlang kommen wir schließlich in Lam an, wo wir heute morgen noch schnell in einem Metzgerei-Gasthof ein Zimmer gebucht haben. Während des leckeren Abendessens im Biergarten werden wir die ganze Zeit vom nahegelegenen Marktplatz mit bayerischer Blasmusik beschallt. Live versteht sich. Ein Grund, mal nachzusehen, was da passiert. Ich habe glaub ich noch nie so ein Platzkonzert gesehen: Die Bühne steht mitten auf der Straße, die umliegenden Gastronomen versorgen die Besucher mit Getränken – fast Oktoberfest-Atmosphäre, nur ohne Zelt. Ein netter Ausklang eines superschönen Tages.

Mitten in der Nacht dann noch das lang angekündigte Unwetter – und wir sitzen in der ersten Reihe. Vom unserem Balkon aus haben wir einen tollen Panorama-Blick auf den von Blitzen erleuchteten Arber. Leider gelingt es mir nicht, einen Blitz zu fotografieren. Ich mag solche Naturschauspiele – wenn man selbst sicher und trocken sitzt 😉

Sonntag: Quer durch Franken und das Altmühltal zurück nach Stuttgart

Beim Frühstück merkt man deutlich, dass wir in einem Metzgerei-Gasthof sitzen. So viele verschiedene und so leckere Wurstspezialitäten hatte ich selten. Von Streichwurst bis Braten ist alles dabei – natürlich aus eigener Produktion. Aber es gibt Käse, reichlich Auswahl für Süßfrühstücker und ein richtig gutes frisches Birchermüsli.

Wir sind also gut gestärkt, als wir den Heimweg antreten. Erstmal das alltägliche Ritual: Die erste Tanke anfahren und bei der Basic vorne Luft auffüllen. Die verliert seit ein paar Wochen immer so 0,5 bis 1 bar – letzteres, wenn sie länger steht. Und weil der Reifen vermutlich vorm Urlaub eh runter kommt, ist einmal am Tag Luft nachfüllen angesagt.

Die Route wechselt zwischen größeren Straßen und kleinen Wegen ab – wir wollen ja vorwärts kommen, aber ohne langweilige Bundesstraßen. Das gelingt perfekt, wir umrunden Cham, lassen Regensburg südlich liegen und genießen den perfekt sonnigen Tag. Beim Start gab es noch ein paar dunkle Wolken, jetzt ist es richtig warm. Bei Dietfurt treffen wir auf die Altmühl, der wir erstmal folgen. Eichstätt umfahren wir wieder und ab da kennen wir die Strecke. In Zimmern gibt es einen netten Biergarten direkt an der Altmühl mit sensationellem Sauerbraten für Ralf und einem Putenbrust-Salat, den ich nur mit Mühe und Not schaffe.

Pappsatt nehmen wir das letzte Stück unter die Räder, bis Aalen fahren wir weiter „schön“, danach doch ein Stück Bundesstraße. Aber in Schwäbisch Gmünd geht’s schon links den Berg hoch zu Walters Rubinettestopp, wo wir natürlich nochmal anhalten. Hohenstaufen runter, B 10 und wir sind nach einem tollen Wochenende daheim.

Fazit unserer Drei Länder-Tour

Wieder mal hat sich bewahrheitet, was wir immer schon sagen: Für neue Entdeckungen muss man nicht unbedingt in die Ferne reisen. Unsere Drei Länder-Tour wird uns noch lange in guter Erinnerung bleiben.

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