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Ein Mann, vier Tage Zeit und kein Plan: Ralf allein unterwegs

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Mitte September, Ralf hat ne Woche frei und ich muss arbeiten. Keine Chance für eine gemeinsame Tour – also fährt Ralf einfach alleine. Ich gönn’s ihm, so kann er seinen Urlaub wenigstens ein bisschen genießen, zumal das Wetter einfach nur schön ist. Dienstag soll’s losgehen mit dem Projekt „Ralf allein unterwegs“ und neugierig, wie ich bin, löchere ich ihn schon Tage vorher mit Fragen nach dem „Wohin“.

Die Antwort ist auch am Montag Abend noch typisch Ralf: „Das entscheide ich spontan, darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken.“ Ich fahre also Dienstag wie immer ins Büro und bin gespannt, welche Richtung er einschlagen wird. Nachmittags taucht das erste Foto in Facebook auf – Ralf ist beim „Engländer“, einer Kneipe im Spessart. Also doch Richtung Thüringen, hatte ich’s mir doch gedacht.

Abends habe ich einen entspannten Ralf am Telefon, der nach einem wunderbaren Tag in Bad Salzungen gelandet ist. Der Plan für morgen? Oh, es gibt sogar einen – ich bin verblüfft. Erstmal Richtung Eisenach, dann weiter nach Osten. „Denk dran, dass du am Freitag Abend zum Grillen wieder da sein willst“, gebe ich ihm noch mit auf den Weg, bevor wir beide ins Bett gehen. Er in Thüringen, ich in Stuttgart.

Am nächsten Tag rechne ich mit weiteren Fotos aus Thüringen, vielleicht fährt er ja sogar ein Stück nach Sachsen rein… Aber Ralf wäre nicht Ralf, wenn er so berechenbar wäre. Und so lese ich Mittags auf Facebook etwas ganz anderes, nämlich: „Bad Staffelstein vor mir – Das Ziel für heute noch 356 km entfernt – Passau.“ Ich gucke ein zweites Mal hin. Wie jetzt? PASSAU???? Genau das frage ich ihn abends auch am Telefon. Die Antwort überrascht mich fast gar nicht mehr: „Naja, ich würde schon gerne noch ein paar Pässe in Österreich fahren.“

Was mich dann aber wirklich überrascht: Diese Idee setzt er auch in die Tat um, denn am Donnerstag lässt sich Ralfs Spur anhand der geposteten Fotos weiter nach Süden verfolgen. Die Donau bei Deggendorf. Abendstimmung bei Aschau im Chiemgau. Dann folgt das große Schweigen… Es wird spät und später, immer noch kein Lebenszeichen. Ob er immer noch unterwegs ist? Gegen halb zehn frage ich per Message mal vorsichtig nach. Sekunden später klingelt das Telefon. Mit den letzten paar Tropfen Sprit ist er an einer Tankstelle Nähe Imst angekommen, nachdem das Navi nach ewiger Talfahrt auf der langweiligen B 171 dann doch noch beschlossen hatte, im Stockdunkeln den Kühtai fahren zu wollen. Imst ist denn auch sein Ziel für heute und ein Hotel muss er noch suchen.

Am nächsten Morgen steht er früh auf „dank“ einer Busladung Franzosen. Deren Reisebus parkt nämlich direkt unter Ralfs Zimmerfenster und bis alle französischen Rentner morgens um halb acht brav im Bus sitzen, herrscht wohl über eine Stunde Lärm und Chaos. Als Belohnung fürs frühe Aufstehen gibt es dann das Hahntennjoch im Morgendunst. Wir Daheimgebliebenen erfreuen uns in Facebook am passenden Foto. Etwas später sogar noch mit den ersten Sonnenstrahlen. Schön! Der Rest seiner Tagesetappe für Freitag ist  der klassische Weg nach Stuttgart: Namlostal, Tannheimer Tal, Allgäu und schwäbische Alb.

In der Whatsapp-Gruppe fürs heutige Grillen kommt um 11.30 Uhr eine neue Info: „Bringe zwei Wurzelbrote aus Pfronten mit. Hoffe, die überstehen den Transport auf dem Mopped.“  Später am Nachmittag noch ein Eisbecher-Foto aus Erbach in Facebook und gegen 17.00 Uhr steht er tatsächlich in natura vor der Tür – sichtlich fertig, mit zwei etwas zerdetschten Wurzelbroten unterm Arm, aber einem breiten Grinsen im Gesicht. Wieder daheim…

Ich überfalle ihn natürlich gleich mit Fragen. Hatte ich erwähnt, dass ich neugierig bin? „Was hast du gemacht? Hast du neue Leute kennen gelernt? Orte gefunden, wo wir mal hin müssen? Sonst irgendwas erlebt, das du erzählen magst?“ Die Antwort – ihr könnt es euch denken – ist wieder mal typisch Ralf: „Nö, ich bin einfach nur Mopped gefahren.“ Das war’s. Ende der Geschichte.

Ralf allein unterwegs – seine Nord-Ost-Süd-Ösi-Tour in Bildern…

Einen eigenen Blogbeitrag schreiben wollte er auch nicht, deswegen jetzt zum Trost noch ein paar schöne Fotos.

… und fürs Navi

Zum Schluß noch die GPX-Tracks der Nord-Ost-Süd-Ösi-Tour, einfach mal alle zusammen gezippt. Viel Spaß damit:

ralf_allein_unterwegs.zip

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